Das "Deutschlandticket" soll im kommenden Jahr an den Start gehen. Es wäre ein verkehrspolitischer Meilenstein, weil bundesweit gültig zu einem einheitlichen Preis. Doch unabhängig davon, wann es kommt: Für viele Menschen wird der Preis von 49 Euro pro Monat zu hoch sein. Welche Nachbesserungen nötig sind und was es für eine klimafreundliche Mobilitätswende braucht, steht im #schlaglicht 11/22.
DGB/Simone M. Neumann
Nun also April! Nach Januar, März und sogar Mai haben sich die Verkehrsminister der Länder gestern auf den Starttermin des „Deutschlandtickets“ geeinigt. Nachdem sich die Bund-Länder-Konferenz zu einer Nachfolgeregelung für das erfolgreiche Neun-Euro-Ticket durchgerungen hatte, wäre die Einführung des Deutschlandtickets ein Meilenstein, weil bundesweit gültig zu einem einheitlichen Preis. Offen ist allerdings (immer noch) die Finanzierung. Den Ländern reichen die zugesagten Mittel des Bundes nicht aus. Deshalb ist fraglich, ob es am 1. April tatsächlich losgeht. Bereits heute steht jedoch fest, dass der Preis von 49 Euro pro Monat für viele Menschen zu hoch sein wird.
Mit Sozialpreis Mobilität und Teilhabe ermöglichen
Um bezahlbare Mobilität für alle zu gewährleisten, braucht es Nachbesserungen. Dass im Zuge des Deutschlandtickets kein bundesweit einheitlicher Sozialpreis beschlossen wurde, ist ein großes Defizit. Denn Mobilität ermöglicht Teilhabe nur dann, wenn sie flächendeckend und vor allem bezahlbar ist. Dafür braucht es praktikable und preiswerte Ticketoptionen. Der Preis von 49 Euro wird viele Menschen davon abhalten, ihr durch die aktuellen Preissteigerungen immer knapper werdendes Geld für Bus und Bahn auszugeben. Damit auch Menschen in Armut bzw. mit niedrigem Lohn stärker teilhaben können, braucht es in Ergänzung zum Deutschlandticket ein bundesweites Sozialticket für maximal 29 Euro.
Ein bezahlbares Ticket allein ist noch keine Verkehrswende!
Ein bezahlbares Ticket für den Nahverkehr ist aber keine Zauberformel, um alle Hindernisse für die Mobilitätswende aus dem Weg zu räumen. Das System des öffentlichen Nahverkehrs kann ein Angebot wie das Neun-Euro-Ticket auf Dauer nicht verkraften. Das Schienennetz wurde über die Jahre zurückgebaut. Auf vielen Strecken ist es unmöglich, mehr Züge einzusetzen. Die Leidtragenden einer mangelhaften Bahninfrastruktur sind die Beschäftigten. Sie fahren nicht erst seit dem Neun-Euro-Ticket auf Verschleiß.
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Deswegen muss langfristig mehr Geld in den Ausbau des Streckennetzes, in moderne Fahrzeuge und in die Umsetzung einer klugen Personalstrategie investiert werden. Um den öffentlichen Nahverkehr für doppelt so viele Fahrgäste bis 2030 auszulegen, braucht es jährlich rund acht Milliarden Euro mehr Investitionen in die Infrastruktur des ÖPNV-Systems, die Sanierung von bestehenden Betriebsanlagen sowie in Modernisierungsmaßnahmen zur Digitalisierung und Barrierefreiheit. Bund und Länder müssen dauerhaft erheblich mehr Geld zur Verfügung stellen. Fakt ist: Bezahlbarer Nahverkehr hilft niemandem, wenn das Personal überlastet ist und die Züge fehlen.
Mobilitätswende braucht viele Impulse
Neben einem besseren ÖPNV braucht es weitere Änderungen, um die Verkehrswende fair zu gestalten. Mit einem einheitlichem Mobilitätsgeld, wie es die Gewerkschaften vorschlagen, könnte die bisher geltende Pendlerpauschale abgelöst werden. Damit wird allen Steuerzahlerinnen und -zahlern unabhängig von der Höhe ihres Einkommens und dem genutzten Verkehrsmittel je gefahrenem Kilometer der gleiche Betrag von der Steuerschuld abgezogen. Fazit: Die Mobilitätswende braucht viele Impulse. Ein für alle bezahlbares Deutschlandticket wäre ein guter Anfang!